Am Nordkap, in Nordkapp
Wo ist das Nordkap? Diese Frage stellte sich bei unserem ersten Versuch, das Nordkap in seiner ganzen Pracht zu bewundern. Wir haben uns im Rica Hotel in Honningsvaag eingebucht, zwei Tage hatten wir geplant, um das Nordkap und seine Umgebung zu erkunden. Honningsvaag ist ein kleines Örtchen mit etwa 2.500 Einwohnern und touristischen Einfallstor zum Nordkap. Nordkapp mit zwei "pp" ist der Bezirk in dem das Nordkap mit einem "p" liegt. Honningsvaag lebt von der Fischerei und insbesondere vom Tourismus. Hier liegen täglich große Kreuzfahrer, die Ihre Passagiere zu Hunderten mit Bussen an das Kap transportieren. Nach dem Einchecken gegen Mittag wollten wir natürlich sofort zum etwa 40 km entfernten Nordkap fahren. In Honningsvaag war es zwar bedeckt und etwas feucht, aber keinerlei Dunst oder gar Nebel. Den Hinweis, am Kap werden wir bei dieser Wetterlage nichts sehen, haben wir nicht gar so ernst genommen. Nach ein paar Kilometern und ein paar Höhenmetern haben wir verstanden, was man im Hotel meinte.
Die Erkundung des Nordkaps hielt sich in Grenzen. Da fährt man 2.500 km und sieht das Nordkap vor lauter Nebel nicht. Ist schon bitter.
Aber wir haben dann einen Offiziellen gefragt, der meinte ganz cool: das Nordkap besucht man um Mitternacht, wenn die Sonne kurz das Meer küsst. Dann sei auch wieder bessere Sicht. Und es sei ja schließlich hell, die ganze Nacht. O.k. unser Ticket für 28,- € pro Person berechtigt zum einmaligen Eintritt. Entweder im Restaurant die Stunden absitzen, mit dem Kassenwärter unsere Malaise diskutieren oder nochmal zahlen. Ich werde die Diskussion suchen, aber erstmal müssen wir in dem immer dichter werdenden Nebel überhaupt unsere Motorräder auf dem riesigen Parkplatz wiederfinden.
Der Tag nahm eine wohlwollende Wendung. Man hat uns den zweiten Eintritt genehmigt, ausnahmsweise weil der Kassenwärter gerade von einem Austauschsemester aus Deutschland zurückgekehrt war (er mag Deutschland!). Zudem löste sich wie von Geisterhand der Nebel zunehmend auf, je tiefer wir kamen und wir konnten die Kap-Insel Mageroya erforschen.
Am späten Abend gegen 22.00 Uhr haben wir uns dann wieder auf den Weg gemacht in Richtung Nordkap und die Empfehlung war richtig: gute Sicht und ein irres Farbenspiel haben unsere Ausdauer belohnt. Der Blick vom Nordkap ist einzigartig. Wenngleich, das Kap ist gar nicht der nördlichste Punkt Europas. Etwas weiter westlich gelegen ist ein Felsvorsprung namens "Knirskjellodden", der fast eine ganze Minute nördlicher liegt.
Die wahren Helden waren zwei Jungs aus München, die wir am Nordkap getroffen haben. Sie sind mit dem Fahrrad angereist. Sie machten einen höchst zufriedenen aber doch einen etwas abgekämpften Eindruck. Kein Wunder, die letzten Tage hätten sie sich nur noch von Knäckebrot und Erdbeermarmelade ernährt, war zu hören. Und nicht das Wetter oder die oftmals doch recht steilen und windigen Anfahrten wären das Problem, sondern die vielen Tunnel. Da würde ihnen manchmal Angst und Bange, wenn sie durch diese teilweise engen und dunklen Röhren müssten. Der Autoverkehr ist auf Rentiere eingestellt, weniger auf Fahrradfahrer.
Auf der Rückfahrt nach Honningsvaart ins Hotel haben wir noch den einen oder anderen Blick zurück auf die "untergehende-aufgehende" Sonne geworfen. Einfach sensationell diese Farben, die ein Foto nur begrenzt auszudrücken vermag.
Der Rückweg
Der Rückweg führte uns immer dicht an der norwegischen Küste entlang. Wenn die Luft klar und trocken war, ist die Vielfalt dieser Landschaft mit ihren bunten Farbtupfern so richtig zur Geltung gekommen. Die verkehrsarmen Straßen mit den elegant geschwungenen Kurven verführen dazu, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h permanent zu überschreiten. Allerdings zwingt die Vorstellung, gegebenenfalls bis zu 1.000,- € Strafe zu zahlen oder gar ins Gefängnis zu gehen, doch dazu, regelmäßig auf den Tacho zu schauen. So bleibt zumindest ein entspannter Blick für die Schönheit der Natur und der Umgebung.
Spontan nach norwegischen Städten gefragt, werden wahrscheinlich mehr Deutsche die Stadt Hammerfest nennen können als die Hauptstadt Oslo. Klingt auch so schön Deutsch, wenngleich die Erinnerung an deutsche Besatzungszeiten sicherlich sehr schmerzlich ist. Hier hat das Tausendjährige Reich ganze Arbeit geleistet. Dennoch gab es keinerlei Vorbehalte gegen uns.
Auf dem Weg zu unserem nächsten Etappenziel Tromsø kamen wir westlich von Alta am Tirpitz Museum vorbei. Ich interessiere mich nicht so sehr für Kriegsmuseen, aber da mein Vater, wenn ich mich recht entsinne, mal kurze Zeit auf der Tirpitz stationiert war, war ein Pflichtbesuch fällig.
In Tromsø haben wir einen fahrfreien Tag eingelegt zur Revitalisierung der Beinmuskulatur und um ein wenig in Kultur zu machen. Wichtige Sehenswürdigkeiten sind die Eismeerkathedrale mit ihrem beeindruckenden Glasmosaikfenster und das Polarmuseum. Es gibt sicherlich noch einiges mehr das wir bei unserem ausgedehnten Stadtbummel gesehen, aber nicht als Sehenswürdigkeit erkannt haben. Wenn wir in Kneipen oder Restaurants mit den durchweg sehr jungen Bedienungen ins Gespräch kamen, dann stellte sich heraus, dass die meisten nicht aus Tromsø waren und nur für ein paar Monate hier einen Job machten. Ab Oktober/November bis Mitte Januar ist es hier nämlich stockdunkel, die Sonne geht nicht auf. Wer kann, meidet diese Zeit. Nur zu verständlich. Für uns war es genauso gewöhnungsbedürftig, dass es nachts dagegen nicht dunkel wurde. Wenn man nachts aufwacht, bekommt man erstmal einen Schreck, weil man meint, den halben Tag schon verschlafen zu haben.
Nach dem Aufenthalt in Tromsø ging es weiter zu den Lofoten. Herrliche Küstenstraßen, mal on- und mal offroad.
Und zwischendurch immer mal wieder eine kurze Fährfahrt.
Die Lofoten sollten unbedingt auf der Reiseroute liegen. Die Inseln sind ein tolles Motorradrevier. Hier sind wir nur gefahren und gefahren. Schönes Wetter und keine Lust zum Fotografieren. Zwei Nächte haben wir auf den Lofoten verbracht, was uns drei Fahrtage ermöglichte. Eine Nacht - und es ist ja eigentlich immer Tag - hatten wir ein Hotel in Svolvaer gebucht, ein pittoreskes Hafenstädtchen, in dem es vom Wasserflugzeug bis zu großen Kreuzfahrern und historischen Postschiffen zu bewundern gab. Ein lohnender Besuch auf alle Fälle.