Motorradtour Pyrenäen 2014 - Coast to Coast
Nach den beiden letzten Motorradtouren in die französischen Seealpen und zum Nordkap standen schon seit längerer Zeit die Pyrenäen auf meiner Reiseliste. Einmal von Ost nach West, vom Mittelmeer bis zum Atlantik die Pyrenäen zu durchqueren, schien mir sehr verlockend. Südfrankreich und Spanien versprachen - zumindest in meiner Vorstellung - perfektes Motorradwetter. Und Gerüchte, dass die Deutsche Bahn den Autoreisezugverkehr einstellen will, liessen mich kurzentschlossen die Motorradkoffer packen. Zumindest eine Strecke wollte ich mit dem Autozug zurücklegen, da es sich ganz schön zieht von München bis an die spanische Mittelmeerküste. Da ich die Hinreise gut planen konnte, weniger den genauen Rückreisetermin planen wollte, habe ich mich für die Strecke München - Narbonne mit dem Autoreisezug entschieden. Auch auf die Gefahr hin, dass vielleicht für die lange Rückreise von der Westküste der Pyrenäen das Sitzfleisch schon einigermaßen malträtiert sein könnte. So machte ich mich am 26. Juni 2014 auf den Weg zum Münchener Ostbahnhof, um das Motorrad für die Reise nach Narbonne zu verladen. Erstaunlicherweise ging es aber erstmal nach Düsseldorf und erst am nächsten Tag nachmittags weiter nach Südfrankreich.
Der Hintransport des Motorrades nach Düsseldorf erfolgte per LKW, ich bin mit dem Zug gereist. Eigentlich eine praktische Sache und recht gut organisiert. Auch deshalb sehr komfortabel, da im meiner Meinung nach erfreulich angemessenen Reisepreis ein Erster-Klasse-Ticket enthalten ist und somit die Wartezeit im Hbf München sehr kommod zu überbrücken war. Nach einer Nacht im bahnhofsnahen Ibis-Hotel in Düsseldorf - so ein Bahnhofsvorplatz ist ja immer wieder ein Erlebnis für sich - konnte ich vormittags das Motorrad von der Spedition abholen und für den Weitertransport gleich nebenan anmelden. Alles easy, also ich als So-kaum-wie-nie-Bahnfahrer kann das Gemecker über die Deutsche "Bundes"-Bahn gar nicht verstehen. Einen kleinen Dämpfer bekam mein Optimismus allerdings, als ich im Verladebüro drei Biker traf, die zu Protokoll gaben, dass ihre Maschinen auf dem Transport beschädigt wurden.
Das Verladen ist schon etwas tricky, da im "Untergeschoss" die Waggons sehr niedrig sind. Aufrecht sitzen auf dem Motorrad ist nicht. Auf einer R 1200 GS ist zwischen Scheibe und Waggondeck etwas mehr Platz als eine Handbreit. D.h. liegen, den Kopf runter und in den Nacken so weit es geht. Der Helm blockiert natürlich die Sicht nach vorne, deshalb reicht der Blick mal gerade zehn Zentimeter vor das Vorderrad. Trotz aller Vorsicht, hab ich mir auf dem gefühlt zweihundert Meter langen Weg bis zur Spitze der Waggons ein, zwei Mal den Helm an irgendwelchen Querstreben gestoßen. Ohne Helm wäre hier vermutlich die Reise erstmal beendet gewesen, zumindest für die Durchführung einiger Sofortmaßnahmen unterbrochen. Ich verstehe die Helmpflicht für den Beladevorgang absolut. Obwohl einige erfahrene Strategen auf ihren niedrigen Straßenmaschinen das locker ohne Helm hinbekommen haben.
Die Zugreise war sehr kurzweilig. Gefahren bzw. viel gestanden wird ja überwiegend nachts. Fünf Passagiere sind in dieser Sardinenbüchse von einem Abteil, neben mir noch drei andere Biker und eine ältere Dame, die mit Ihrem Mercedes Cabrio Südfrankreich bereisen wollte. Eine amüsante Gesprächspartnerin, erfahren im Reisen mit dem Autoreisezug, die sich sogleich für eine Mittelkoje anmeldete. In die obere käme sie nicht mehr rein und in der untersten seien die Erschütterungen während der Fahrt zu sehr spürbar.
An Schlaf ist natürlich nicht so richtig zu denken, insbesondere wenn man selbst nicht schnarcht. Ich habe hier gelernt, dass Menschen nicht nur schnarchen, wenn sie auf dem Rücken liegen, sondern auch wenn sie bequem auf der Seite liegen. Bemerkenswert war auch, dass ich während des gefühlt maximal zweistündigen Schlafes in der Nacht immer dann aufgewacht bin, wenn der Zug stand, nicht etwa während der rumpeligen Fahrt.
Narbonne ist erreicht. Vive la France! Bestes Wetter, die Sonne lacht so freundlich, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich warte eine gute Stunde bis die Waggons umrangiert wurden und die Motorräder abgeladen werden konnten. Das war sehr einfach, da wir jetzt ja am Anfang des Waggons standen. Keine Blessuren, ich bewegte mich nur am Rande eines Hitzschlages im vollen Motorradornat. Deshalb: schnell aufs Bike und mit dem Fahrtwind "kühlen".
Pyrenäen East to West heißt ja Coast to Coast oder vom Mittelmeer zum Atlantik. Deshalb wollte ich erst etwas vom Mittelmeer sehen und bin nicht gleich Richtung Westen in die Pyrenäen gefahren, sondern Richtung Süden nach Roses in der Provinz Girona. Wenn man erstmal aus Narbonne raus ist und die spanische Grenze passiert hat, erlebt man eine sensationelle Motorradstrecke auf einer überwiegend sehr gut ausgebauten und kurvenreichen Straße immer in Sichtweite des Mittelmeeres. Ein perfekter Einstieg.
Ich hatte geplant, in Roses zwei Tage zu bleiben. Als einziges Hotel der Reise hatte das Hotel "Casa del Mar" vorreserviert, ein nettes, kleines Hotel mit dem Charme einer italienischen Eisdiele der 70er Jahre, allerdings war das Meer von hier nicht zu sehen. Im Rahmen eines kurzen Abendspazierganges aber bequem zu erreichen.
Von Roses aus lässt sich eine sehr schöne Rundtour machen mit einem kulturellen Höhepunkt: das Dali-Museum in Figueres. Was ein bizarrer und genialer Mensch und Künstler. Die Strecke in das 30 Kilometer entfernte Figueres ist nicht sehr spannend, aber der Besuch des Museums, möglichst sehr früh am Morgen, sollte zum Pflichtprogramm gehören, wenn man schon mal in dieser Gegend ist.
Allein die Streckenführung auf dieser Rundtour ist schon ein Höhepunkt an sich. Zwei weitere kommen noch dazu: das Dali Haus in Portlligat bei Cadaqués und der Nationalpark Cap de Creus. Der Leuchtturm auf dem Kap ist der östlichste Punkt Spaniens. Da sollte man schon mal gewesen sein.
Auf der Rückfahrt nach Roses gab es dann zum Abschluss noch eine Lektion, die das Wetter nur für sehr "erfahrene" Biker bereithält. Der Himmel zieht immer mehr zu, aber ich denke, kein Problem ich komme noch trocken ins Hotel. Regenzeug an? Nee, ich bin gerade so im Flow. Auch als es vor mir beängstigend dunkel wird, bin ich noch optimistisch. Ist ja auch nicht so direkt meine Richtung. Allerdings es ist wie beim Segeln: man sollte reffen, wenn man das erste mal daran denkt, nicht erst wenn man im Sturm steht. Aber ich fahre ja Motorrad und segele nicht. Und wenn man dann auf einem Streckenabschnitt ist, wo man nicht so einfach anhalten kann, dann wird es halt ungemütlich. Papiere, Geldscheine und ähnliches werden schon wieder trocknen werden. Und so nehme ich mir für die weitere Tour ernsthaft vor, immer sofort beim ersten Anzeichen einer Regengefahr die Regencombi überzuziehen. Hahaha!
In den Pyrenäen
Heute Vormittag geht es in die Pyrenäen. Ich habe mir eine nicht allzu lange erste Etappe vorgenommen, da ich noch kein so richtiges Gefühl dafür habe, wie man auf den kleinen Straßen, die ich fahren möchte, voran kommt. Das Navi ist mit "Ribes de Freser" programmiert, einem kleinem spanischen Örtchen, in dem es gemäß Internetrecherche beim Frühstück ein paar Hotels geben soll. Aber da der Weg das Ziel ist, werde ich mal sehen, wo ich lande. Ich möchte das alles offen lassen. Es gibt hier so viele Straßen und Sträßchen, denen ich folgen kann. Hauptsache die grobe Richtung stimmt.
Der erste Pyrenäen-1.000er. Ist alles noch ziemlich Schwarzwald mäßig. Straßen sind on- und offroad ganz passabel befahrbar, wenngleich der entgegenkommende Franzose gerne die Mitte der Fahrbahn für sich beansprucht.
Knapp am 2.000er vorbeigeschrammt. Aber kurz danach: geht doch!
Die ersten Schneefelder zeigen sich. Dahin geht's. Bislang gesehen .........
........ Teutoburger Wald, schottisches Hochland, Ackerbau und Viehzucht und ein herrlich verspieltes Café Pessets mit noch herrlicheren Tapas in Sort/Espania.
Das Fahren abseits der Hauptverkehrsstraßen ist sehr unproblematisch, grundsätzlich. Die Straßen sind zwar teilweise sehr schmal und in den Kurven uneinsichtig, aber prinzipiell in einem sehr guten Zustand. Zumindest auf der spanischen Seite ist offensichtlich sehr viel Geld aus dem europäischen Strukturfonds geflossen. Nach meiner Wahrnehmung sind die spanischen Straßen besser als die französischen. Auf der französischen Seite muss man auch höllisch auf Split aufpassen. Sofern man ein entsprechendes Straßenverkehrsschild sieht, runter vom Gas. Dann folgen mitunter einige Kilometer mit einer fingerdicken Splittschicht. Auch eine Form der Straßensanierung. Aber wenn man morgens nach ein paar Kilometern so richtig eingegrooved ist, macht es höllisch Spaß. Allerdings, wie man auf den meisten Fotos sieht, sieht man keine anderen Verkehrsteilnehmer. Wenn man allein unterwegs ist, darf halt nichts passieren. Es könnte Stunden dauern, wenn nicht Tage, bis mal jemand vorbei kommt.